Kasi in der Reha
(von Mar.go und Merlin)
Was mache ich hier eigentlich, fragte sich Kasi.
Die können ja alle nicht laufen.
Der eine ging am Stock, der nächste an einem Gestell mit Rädern,
wieder ein anderer hatte das gleiche Gestell aber mit ganz hoch
gestellten Handgriffen, damit er sich gerade hielt.
Und viele fuhren mit einem Stuhl der Räder hatte herum.
Naja, dachte sich Kasi, mein Mensch kann ja auch nicht laufen.
Sitzt da den ganzen Tag herum und macht gar nichts.
Sogar das Essen kriegt er gebracht, oder fährt mit seinem Stuhl
dahin und denkt gar nicht daran aufzustehen.
Und Fisch gibt es auch nicht jeden Tag. Nur zweimal die Woche.
Kasi liebte Fisch, besonders Butt, denn er war ein Pinguin.
Gleich am ersten Tag in diesem komischen Haus mit den Menschen
die nicht laufen können hatte er ein Schwimmbad entdeckt und sich
gefreut.
Aber sein Mensch hatte ihn nicht herein gelassen.
Er hatte gesagt, das wäre ein Schwimmbad nur für Menschen und
außerdem wäre Disf.. Desent…Disfunk… na jedenfalls wäre Medi-
zin im Wasser und das wäre für Pingis schädlich.
Wozu macht man überhaupt Medizin ins Wasser?
Wasser ist doch Medizin. Das weiß jeder Pingi.
Auf so blöde Einfälle können nur Menschen kommen.
Kasi langweilte sich. Sein Mensch war den ganzen Tag unterwegs.
Therapie heißt das wohl, wenn man Laufen übt.
Und im Fernsehen waren auch nur ganz wenige Sendungen die am
Wasser spielten.
Und das waren die einzigen, die Kasi interessierten.
Naja immerhin brachte die Kleine immer Fisch mit wenn sie zu Besuch
kam. Aber das war höchstens zweimal die Woche.
Darum hatte er immer etwas von dem Fisch aufbewahrt und sich einen
Vorrat angelegt, unter der Heizung.
Immer wenn ein Fremder ins Zimmer kam, rümpfte der die Nase.
Aber zum Glück sahen sie nicht unter die Heizung, sondern sahen
immer nur seinen Menschen vorwurfsvoll an.
Dem war das aber egal.
Einmal, als es Fisch gab, hatte sein Mensch ihn mit in den Speise-
saal genommen; versteckt unter seinem Hemd.
Und dann hatte er ihm Stückchen für Stückchen von seinem Fisch-
filet abgegeben.
Das war lecker gewesen.
Aber dann mußte Kasi aus Versehen laut rülpsen.
Und alle am Tisch guckten ganz vorwurfsvoll auf das Hemd, unter
dem der steckte.
Hinterher hatte sein Mensch in ausgezankt und ihm gesagt, wer sich
so daneben benimmt kann nicht mehr mit in den Speisesaal.
Aber er wußte ja jetzt den Weg zum Speisesaal.
Darum stahl er sich manchmal klammheimlich aus dem Zimmer, wenn
sein Mensch nicht guckte und machte „schönes Wetter“ bei den älteren
Die sagten ihm immer er wäre soooooooooo süß und bestellten Fisch für
ihn in der Küche.
Nur einmal war er zu übermütig und hatte sich selbst in die Küche und
von dort in den Kühlraum eingeschlichen.
Da gab es tiefgefrorene Fischvorräte von denen er sich einfach welche
nahm und anfing sie wegzuschleppen.
Als er schon fast wieder draußen war, kam der Koch um die Ecke und
sah den Fisch, den er im Schlepptau hatte.
Er schrieb laut: Haltet ihn! und setzte mit dem Hackebeil hinter ihm her.
Er konnte nur ganz knapp entkommen und versteckte sich anschließend zitternd unter der Bettdecke im Zimmer seines Menschen.
Seitdem hatte es sich nicht wieder in die Nähe der Küche getraut.
Die meiste Zeit war es wirklich furchtbar langweilig.
Bis er eines Tages ein älteres Entenpaar traf, daß sich auf der Terrasse
zwischen all den Menschen sonnte.
Kasi fragte sie, ob sie denn von weit her kämen, denn er wußte ja das
Enten meistens auch in der Nähe des Wassers leben.
Nein, gar nicht weit sagte ihm Herr Enterich, wir kommen unten vom
Stausee.
Stausee? Kasi staunte. Ist denn hier ein Stausee in der Nähe?
Natürlich nur den Berg hinunter, fünf Minuten von hier.
Och, dachte sich Kasi, das ist ja ganz nah.
Als sein Mensch das nächste Mal zum Radfahren ging, machte er sich auf
und stieg den Berg hinunter.
Und da war tatsächlich ein riesiger See.
Kasi dachte nicht lange nach und stürzte sich kopfüber in die Fluten.
Endlich konnte er wieder mal nach Herzenslust schwimmen.
Eine ganze Stunde sauste er durch das Wasser, kreuz und quer von
Ufer zu Ufer.
Als er endlich herauskam, waren Wolken aufgezogen und es wehte
ein kühler Wind.
Aber Kasi machte das nichts aus. Er war viel eisigere Temperaturen
gewöhnt.
Er plusterte einfach ein wenig seine Federn auf und war im Nu wieder
trocken.
Schnell den Berg wieder herauf und ins Zimmer seines Menschen zurück
bevor dieser was merkte.
Nach diesem Abenteuer schmeckte ihm sein Butt gleich doppelt so gut.
Juni 2012
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